Arbeiterwohlfahrt (AWO) Schwaben blickt in Friedberg aus bewegter Geschichte optimistisch in die Zukunft

Im Jahr 1933 stark zu bleiben und dem aufkommenden Nationalsozialismus die Stirn zu bieten, das erforderte Mut. Clemens Högg, damaliger Vorsitzender der AWO Schwaben, hatte diesen Mut und setzte sich dem Unrechtsregime entschieden entgegen. An ihn und andere Frauen und Männer der Arbeiterwohlfahrt erinnerte die diesjährige historische Sozialkonferenz der AWO Schwaben im Friedberger Gasthof Herzog Ludwig. Zu dem Abend mit Vorträgen und anschließender Diskussion waren 50 Delegierte und Gäste aus ganz Schwaben angereist. „Anlässlich des 750-jährigen Stadtjubiläums wollen auch wir unserer Geschichte gedenken und haben eine historische Sozialkonferenz in Friedberg einberufen“, sagte Dr. Heinz Münzenrieder, Präsidiumsvorsitzender der AWO Schwaben. Der Sozialverband leistet seit fast 100 Jahren mit einem dichten Netz von Dienstleistungen und einem hohen Maß an politischem Engagement einen Beitrag zur Sicherung des Sozialstaats. Dazu zählen unter anderem Einrichtungen der Kinder-, Jugend-, Familien- und Altenhilfe, sowie der Suchtberatung und der Aids-Prävention. Ihren Ursprung hat die Arbeiterwohlfahrt in der Arbeiter- und Frauenrechtsbewegung des frühen 20. Jahrhunderts. In seinem Vortrag „Die AWO als Wohlfahrtsverband und sozialpolitische Interessenvertretung seit fast 100 Jahren“ machte Prof. Dr. Thomas Beyer, Vorsitzender der AWO in Bayern und Vizepräsident des AWO-Bundesverbandes, die Tradition der politischen Einflussnahme des Sozialverbandes bewusst. Es war die bedeutende Frauenrechtlerin Marie Juchacz, die 1919 im sozialdemokratischen Umfeld der SPD zur „Selbsthilfe der Arbeiterschaft“ aufrief – die Geburtsstunde der Arbeiterwohlfahrt. Angesichts der verheerenden Folgen des Ersten Weltkriegs mit Massenarbeitslosigkeit, Hunger und Krankheiten, war es das politische Ziel der AWO, soziale Reformen und soziale Sicherheit zu erstreiten. „Ziel war und ist es, die Interessen der Arbeiterschaft durch eine soziale Gesetzgebung zu vertreten. Der politische Gestaltungswille ist ein wesentlicher Bestandteil der AWO“, so Beyer. Auch heute sind viele Verbandsmitglieder in politischen Entscheidungsgremien, wie dem Stadtrat, tätig. So zum Beispiel Peter Feile, der AWO-Ortsvorsitzende von Friedberg. Clemens Högg, 1927 Gründer des AWO-Bezirksverbands Schwaben, wurde später zum tragischen Helden. Dank seiner unerbittlichen Weigerung, die AWO in die nationalsozialistische Volkswohlfahrt eingliedern zu lassen, ist das Handeln der AWO Schwaben untrennbar mit den Werten Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit verbunden. Bereits wenige Wochen nach der Machtergreifung Hitlers im Jahr 1933 wurde die AWO verboten und zerschlagen. Clemens Högg starb am 11. März 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen. Heute dient der AWO Schwaben die eigene Geschichte als Kompass für gegenwärtige Entwicklungen. „Sich engagiert, geschichtsbewusst und konstruktiv mit neuen Ideen einzubringen, sei es in der Asylpolitik, durch Mehrgenerationen- und Sozialkaufhäuser oder der Kinderbetreuung, ist unsere Kernaufgabe“, so Beyer. Friedbergs Bürgermeister Roland Eichmann präsentierte seine schöne Stadt und würdigte die Arbeit der AWO: „Sie erweist sich mit vielen Projekten und sozialen Maßnahmen als unser vertrauenswürdiger Partner – z.B. mit ihrem Alten- und Pflegeheim am Rothenberg oder dem Kinderhort Am Bierweg.“

Bericht nach Marcel Rother, Friedberger Allgemeine vom 20.10.2014, Bilder: Hans Scheiterbauer-Pulkkinen, AWO Schwaben