Vorlesen

Münzenrieder: Von dieser Tagung gehen positive Signale aus

„Wer bei einer Gesellschaft, die immer älter wird, nur von Vergreisung und Überalterung spricht, ist auf der falschen Spur“, sagte Dr. Heinz Münzenrieder, der Vorsitzende des Präsidiums der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Schwaben, bei der Sozialkonferenz in Stadtbergen. Rund 130 Delegierte, Politiker und Fachleute aus ganz Schwaben hatten sich im Haus der Familie der AWO mit dem Thema „Älter werden – Chance und Verpflichtung“ beschäftigt. Münzenrieder lobte in seinem Schlusswort die positiven Signale, die von der Tagung ausgingen. „Es gibt viele Jahre obendrauf. Das ist eine gute Botschaft“, sagte Hauptredner Franz Müntefering, der ehemalige Vizekanzler und SPD-Parteivorsitzende. 80 % der über 80-Jährigen benötigten keine Pflege. Älter zu werden, habe Riesencharme, sagte der 73-Jährige, der auf eine weitere Bundestagskandidatur verzichtet hat und nun etwas kürzer tritt. Jetzt will Müntefering erstmals das Deutsche Sportabzeichen ablegen. An einen Generationenkonflikt glaubt Franz Müntefering, der seit dem Frühjahr ehrenamtlicher Präsident des Arbeiter-Samariter-Bundes ist, nicht. Dafür gebe es in jeder Altersgruppe zu viele vernünftige Menschen. Viele Probleme des demografischen Wandels führte er auf die zu geringe Geburtenzahl zurück. „Wir leiden nicht an Überalterung, sondern an fehlender Unterjüngung.“ Die demografischen Auswirkungen für Schwaben erläuterte der Diplom-Statistiker Christian Rindsfüßer von SAGS (Institut für Sozialplanung, Jugend- und Altenhilfe, Gesundheitsforschung und Statistik) in Augsburg. 2011 lebten in Schwaben rund 44.000 Menschen über 85. Bis 2026 werden es über 75.000 sein. „Die Landkreise altern deutlich schneller als die Städte.“ Rindsfüßer erwartet, dass bis 2031 die Zahl der Pflegebedürftigen in Schwaben um über 40 % ansteigt. Und: Die Zahl der Demenzkranken wird bis in 20 Jahren um über 50 % zunehmen auf dann 36.000 schwabenweit. Müntefering sprach sich daher für eine verstärkte Demenzforschung aus: „Es muss möglich sein, die Krankheit früher zu erkennen und ihren Ausbruch um fünf Jahre hinauszuzögern.“ Leiter der Pflegeheime mahnten eindringlich eine bessere personelle Ausstattung und eine Erhöhung der Pauschalen in der Pflegeversicherung an. Dr. Thomas Beyer, der Landesvorsitzende der AWO in Bayern und Landtagsabgeordnete, erinnerte daran, dass Bayern nach wie vor die niedrigsten Renten in Deutschland aufweise und damit ein sehr hohes Armutsrisiko im Alter. Er plädierte für sozialraumorientierte niederschwellige Hilfeangebote und Seniorengenossenschaften als Modell. Das geleistete ehrenamtliche Engagement wird auf Zeitkonten gutgeschrieben und kann, wenn man selbst einmal Unterstützung benötigt, abgerufen werden.