Presse-Information | Stadtbergen, 17. August 2020
Von Dr. Heinz Münzenrieder. Vorsitzender des Präsidiums der AWO Schwaben
Augsburg. Auch in den Seniorenheimen wird die Welt nicht wieder wie vor dem Ausbruch der Pandemie sein. Und wir werden die nicht vergessen, die in den vergangenen Monaten in den Heimen verstorben sind. Egal bei welchen Trägern. Ob in den Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege, der Kommunen oder der privaten Anbieter. Bei uns, der AWO Schwaben, waren dies 18 Bewohnerinnen und Bewohner.
Etwa die Hälfte aller in Deutschland an Covid-19 Verstorbenen lebte in Heimen. Dies muss zwingend Ansporn hierfür sein, bei der Aufarbeitung der Pandemieproblematik, aber auch bei der Diskussion über notwendige Folgerungen, unsere Heime fest im Fokus zu behalten. Wir müssen gewappnet sein, mit solchen uns wahrscheinlich auch künftig belastenden Epidemien zu „leben“. Die Vorkommnisse des Pandemiejahres 2020 sind aber auch eine Chance, künftig besser auf solche immensen Herausforderungen zu reagieren.
Eine zwischen Staat und Trägern abgestimmte Vorsorgeplanung ist hierbei wesentlich. Dabei geht es nicht nur um die Bevorratung von Schutzmaterial und um obligatorische Testungen aller in Heimen Wohnenden und Arbeitenden oder um eine zu aktualisierende Aus- und Fortbildung der Mitarbeitenden. Genau so wichtig ist etwas anderes: Eine selbstkritische Reflexion über die erfolgten restriktiven Maßnahmen in den Pflegeheimen ist notwendig. Es wurde nämlich – der relativ neuen Gefährdungssituation war dies geschuldet – unverhältnismäßig reagiert. Gelöscht wurde sozusagen auf Verdacht hin und überall. Auch wenn kein Feuer loderte. Monatelange allgemeine Besuchsverbote dürfen sich nicht wiederholen. Im Übrigen wurde nicht gezählt, wie viele ältere Menschen an Einsamkeit gestorben sind und nicht an Covid-19. Von verbliebenen psychischen Verletzungen ganz zu schweigen. Denn ein lange währendes Kontaktverbot gegenüber Kindern und Enkeln bedeutet viel mehr als ein kommunikatives Problem: Es ist ein Stück der grundgesetzlich garantierten Würde, die den Bewohnerinnen und Bewohnern sowie auch deren Angehörigen genommen wird. Dies ernst zu nehmen, ist unser aller Pflicht.